Pflegenotstand – Ein Teil der Lösung liegt beim Arzt

8 Wege, die Kooperation zu verbessern.

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Der Mangel an Pflegekräften ist bekannt. Das, was wir jetzt gerade erleben, ist aber erst der zarte Anfang. Ein Problem nur der Pflege? Ganz sicher nicht. Es werden viele Betten gesperrt, was den Ärzten schon jetzt den Job erschwert. In der Notaufnahme liegen kritisch Kranke, die aber nicht auf die Intensivstation dürfen, da sie dort nicht versorgt werden können. Stattdessen werden sie mit Blaulicht in andere Krankenhäuser verlegt. Von dem hieraus resultierenden Erlösausfall werden in naher Zukunft auch Arztstellen betroffen sein. So weit, so klar.

Nun könnte sich der Rest meines Beitrages auf die Rolle der Politik, Manager und Pflegedienst-Leitungen (mit denen ich wahrlich nicht tauschen möchte) usw. fokussieren. Lassen wir das mal und überlegen stattdessen, was wir Ärzte tun können, um das beste aus dieser problematischen Situation zu machen und die wenigen Schwestern und Pfleger, die wir haben, zufriedener zu machen. Denn Geld spielt dabei nur eine Nebenrolle. Tatsächlich können Ärzte einen großen Beitrag  leisten, den Beruf insgesamt etwas attraktiver zu gestalten.

Hier einige Vorschläge:

1. Fallbesprechungen:

Patienten, die viele Wochen auf der Intensivstation sind, müssen besprochen werden.

In einem entsprechenden Setting. Hier müssen keine langen Vorträge gehalten werden. Powerpoint erschwert eher einen direkten Austausch. Es reicht, eine Plattform anzubieten, auf der Fragen gestellt, und Kommentare abgegeben werden können. Wenn Ober- und Chefärzte teilnehmen: super. Wenn nicht, auch OK. Haltet es kurz, 20 Minuten können reichen.

  • Wie ist das Konzept?
  • Wie ist die Prognose?
  • Wie gehen die Angehörigen mit der Situation um?
  • Was können wir besser machen?

Die Pflegekräfte haben mit ihrer Erfahrung oft einen eigenen Blick auf die Dinge und möglicherweise ist dieser mitunter auch näher an der Realität als die manchen Arztes. Aber nach meiner Erfahrung traut die Pflege unseren Einschätzungen, schließt sich unseren Entscheidungen an und unterstützt diese loyal. Sie wollen nicht entscheiden, aber: Sie wollen gehört werden! Darauf haben sie ein Recht, und dieses sollten wir ihnen einräumen. Anderenfalls drohen Frust und Resignation.   Hauptaufgabe der Ärzte: Zuhören.

2. Enge Kommunikation, Präsenz zeigen.

Fallkonferenzen sind wichtig, entscheidend ist jedoch das alltägliche Miteinander. Dass man Interesse an den Problemen der Pflege hat zeigt sich vor allem daran, dass wir Präsenz zeigen. Es reicht häufig schon, wenn man (neben der Visite zusätzlich !) einmal pro Schicht direkt die Pflegekräfte  fragt, worin die Hauptprobleme bestehen.

  • Wie geht’s?
  • Wie kann ich Euch helfen?
  • Wie habt Ihr Euch aufgeteilt?

Das zeigt, dass wir die Nöte zur Kenntnis nehmen, und uns des Mangels bewußt sind.

3.”Ausflüge” hinterfragen

Muss der Patient jetzt wirklich nachts ins CT?

Ich bin selbstverständlich noch nie gebeten worden, die Therapie bei einem Patienten zu beenden, oder auf eine diagnostische Maßnahme zu verzichten, weil die Besetzung schlecht ist. Aber zur Kenntnis nehmen und demonstrieren, dass man die Lage des anderen verstanden hat ist wichtig. Der ein oder andere Ausflug dient mitunter mehr  der Absicherung und der allgemeinen Beruhigung des Arztes als dem Patienten.

Hier heißt es: Strenge Indikationsstellung. Aber klar ist auch: Wat mutt, dat mutt.

4. Knigge-1:

Muss man das hier wirklich explizit nennen? Eigentlich nicht, aber trotzdem:

Wenn man ein Zimmer betritt sagt man “Guten Morgen.“ und lächelt dabei. Wer es ganz toll machen will, begrüßt Schwestern und Pfleger mit ihrem Namen.

Kleine Nebenbemerkung: In einem nicht unerheblichen Anteil der Fälle wird weder zurückgegrüßt, noch gelächelt. Mag sein!

Egal, nicht persönlich nehmen, weitermachen. Er oder sie hat einen schlechten Tag und das hat nichts mit uns zu tun.

5. Knigge-2: 

Nachdem man einen Patienten untersucht hat, hinterlässt man alles so, wie man es vorgefunden hat.

Notfälle werden als Begründung für hinterlassenes Chaos nur angeführt, wenn sie stattgefunden haben. Heißt: Nachthemd wieder verschließen, Bettgitter in die vorherige Position bringen, Sonogerät aus dem Zimmer bringen, Müll wegräumen, Kaffeetasse mitnehmen, usw.

6. Angehörigengespräche sind Arztaufgabe

Viele Schwestern haben den Zeitmangel von Ärzten erkannt und kümmern sich sehr gut um Angehörige. Sie erklären Ihnen Dinge, die die Angehörigen  nicht verstehen, ordnen Dinge ein. Werben für Verständnis für Wartezeit und vieles mehr. Dies sollte aber nicht in Vergessenheit geraten lassen, dass die Diskussion medizinischer Sachverhalte mit Angehörigen eine (extrem wichtige) Aufgabe des Arztes ist. Sie dienen dem Verständnis dessen, was mit dem Angehörigen passiert, wie es weitergeht. Falsche Hoffnungen sollten korrigiert werden.

Nachdem ich lange geglaubt habe, dass Angehörigengespräche mich davon abhalten, den Patienten zu heilen, habe ich vor einigen Jahren in diesem Punkt eine 180°-Wende gemacht. Sie dienen dem gegenseitigem Verständnis, verhindern Klagen. Wenn wir dies nicht auf die lange Bank schieben, sondern rasch zu den im Zimmer wartenden Angehörigen gehen, steigt die Zufriedenheit der Angehörigen wie der Pflegenden immens. (Quelle: mein Bauchgefühl)

7. Fortbildungen:

Die meisten Pflegekräfte sind ausgesprochen interessiert daran, hinzuzulernen und besser zu verstehen, was wir da so treiben. Fortbildungen sind extrem wichtig. Sie helfen

die Qualität zu steigern

Plattform für Fragen zu bieten

zu demonstieren, dass wir bereit sind Zeit zu investieren

Auch wir haben hier noch Nachholbedarf. Nachdem die letzten Monate die Assistenzärzte in unserem Fokus standen, werden wir hier vermehrt Zeit investieren, um Fortbildungen für Pflegekräfte zu organisieren.

8. Danken und Wertschätzung: 

Nach einer Schicht darf man Schwestern und Pflegern gern auch mal danken. Klar ist es ihr Job, klar werden sie dafür bezahlt. Aber Pflegekräften zu danken ist unglaublich wichtig. Das müssen keine Sonntagsreden werden und Orden müssen auch nicht verliehen werden. Ein Spruch auf dem Gang wie diese helfen ungemein, unsere Empathie und Dankbarkeit auszudrückemn:

  • “Das war ja eine harte Schicht für Dich heute. Vielen Dank für Deinen Support!“ 
  • “Der Patient ist ganz schön kritisch, ich bin froh, dass wir mit Dir hier heute eine so erfahrene Pflegekraft haben
Welche Maßnahmen könnten Ärzte noch treffen, um eine gute Zusammenarbeit mit der Pflege sicherzustellen? Hinterlassen Sie gern einen Kommentar. 

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